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Wer online kauft, kauft bei Amazon. Das gilt für das Gros der Deutschen, denn beinahe jeder Bundesbürger in der marktrelevanten Zielgruppe verfügt über ein eigenes Amazonkonto. Und nicht nur die Userzahlen des Big Payers im Onlinehandel können sich sehen lassen, auch die Prokopf-Umsätze sind nicht von schlechten Eltern: Rund 110 EUR (!) lassen die Deutschen im Durchschnitt pro Monat bei Amazon. Wie sich der Erfolg von Amazon erklärt, was der Weltmarktführer in Sachen Kommunikation und Marketing richtig macht und welche Lehren sich daraus auch (und gerade) für kleine und mittelständische Betriebe ziehen lassen, zeigen wir in diesem Blogbeitrag.

Lösungen verkaufen, statt Produkte

Ein Kernelement im Amazon Marketing ist es, keine Produkte zu verkaufen, sondern Lösungen. Das zeigt sich beispielsweise in der Vermarktung von Amazons digitaler Hilfskraft Alexa. Im zugehörigen aktuellen Werbeclip fragt eine blinde Protagonistin allerlei Alltagsinformationen ab. Sie möchte wissen, wie spät es ist, oder wie das Wetter ist. Die Antworten bekommt sie natürlich prompt von Amazon Echo (der Technologie hinter Alexa).

Hier zeigt sich der marketingstrategische Ansatz von Amazon sehr gut. Denn anstatt zu sagen „Kauf dir eine Alexa, und du kannst per Stimme bei Amazon einkaufen/dein Smart Home steuern/die Amazon Streaming Services nutzen“ (was bei den Allermeisten sicherlich der Hauptgrund für eine Anschaffung ist), bietet Amazon eine Lösung für ein echtes Problem an: Blinde Menschen können Alexa nutzen, um leichter durch ihren Alltag zu kommen. Die Werbebotschaft lautet also:

Alexa kann Blinden die Augen ersetzen, wobei kann sie dir helfen?

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Das Feelgood-Image gibt es dabei quasi gratis mit dazu, denn wenn Alexa sozusagen als medizinisches Gerät taugt, lässt sich über den einen oder anderen Datenkraken-Skandal leichter hinwegsehen. Produkt- und Imagekampagne in einem.

Was man davon lernen kann

Wer selbst Produkte oder Dienstleistungen verkauft, kann sich an dieser (zwar nicht brandneuen, aber extrem effizienten) Strategie von Amazon orientieren: Winterjacken sind beispielsweise keine einfachen Modeprodukte, sondern eine Lösung gegen das Frieren; Nageldesign ist keine simple Beautyanwendung, sondern ein Lösungskonzept gegen Eintönigkeit und Alltagsstress und um sich selbst neu zu erfinden und eine professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt ist keine medizinische Zusatzleistung, sondern eine Lösung zur Vorbeugung von Zahnproblemen und eine Investition in gesunde (und schöne!) Zähne.

Nach diesem Schema lassen sich die meisten Produkte und Leistungen auf eine bestimmte Lösungsfunktion eindampfen, die dann der Ausgangspunkt für eine zielführende Marketingstrategie sein kann.

Den Marktplatz öffnen

Auch wenn Amazon der globale Player im Onlinegeschäft ist, ist der Marktplatz Amazon grundsätzlich für jedermann offen. Auch kleine Onlinehändler und sogar winzige Manufakturen können recht simpel am digitalen Spiel teilnehmen und mitverdienen. Das funktioniert mit dem richtigen strategischen Ansatz für nahezu alle Branchen, die etwas zu verkaufen haben.

Über das FBA-Konzept (Fulfillment by Amazon) wird der logistische Aufwand sogar komplett an Amazon outgesourct, so dass es buchstäblich keine eigene Lagerhaltung geschweige denn einen Transporteur braucht: Wer seine Produkte via Amazon verkaufen möchte, packt einfach eine Palette mit seiner Produktion, schickt diese an ein Amazon Logistikzentrum und hat dann mit dem Fulfillment (dem Warenversand und der Rückabwicklung) nichts mehr zu tun. Amazon verdient dann natürlich einen gewissen Prozentsatz mehr mit, tritt aber eben auch als Problemlöser auf. Zugleich werden solche FBA-Produkte als Prime-Produkte gelistet, was dem Absatz wiederum zuträglich ist. Mit anderen Worten: Amazon fährt über das FBA-Programm eine Longtail-Strategie im Vertrieb und in der Warenwirtschaft. Produzenten bekommen ein komplettes Fulfillment-System, ohne sich mit einem eigenen Webshop und allem, was logistisch daran hängen kann, aufzureiben.

Was es zu lernen gibt

Durch den FBA-Prozess öffnet sich Amazon, sodass eine weitaus breitere Produktpalette angeboten werden kann. Damit wird Amazon zum waschechten Vollsortimenter und damit zu relevanten Konkurrenz im traditionellen Einzelhandel. Der strategische Aspekt dabei stellt auf die Langfristigkeit der Planung ab: Statt sich über eine kurze Aktion akut zu positionieren, spielt Amazon seine Karten für eine echte und stabile Etablierung in verschiedensten Märkten aus. Insbesondere in Sachen Business Development lässt sich davon einiges abkupfern.

Zugleich setzt die Strategie auf eine konsequente Rückbesinnung auf die eigene Kernkompetenz. Im Mittelpunkt steht damit die Frage, „Was können wir besonders gut?“ Und die Antwort (Onlinehandel) führt dann zu der Idee, den Handel über die eigene Plattform eben nicht nur selbst zu betreiben, sondern auch als Dienstleistung anzubieten und entsprechend zu vermarkten. Clever.

Nischen bedienen

In eine ganz ähnliche Richtung zielt die Marketingstrategie „Nischen bedienen“. Die Idee dahinter ist, dass Nischen, die im stationären Handel recht klein wären, im Onlinehandel signifikant wachsen. Wer beispielsweise ein Aquaristik Fachgeschäft auf dem Land betreibt, wird über einen Einzugsradius von 70km kaum hinauskommen. Es sein denn, er bietet eine andere einzigartige Leistung an, die Kunden tatsächlich nur bei ihm bekommen können. Damit ist die Zielgruppe auf Aquarianer im Umkreis von 70km beschränkt, sodass die Anzahl potenzieller Kunden allein aus geografischen Gründen gedeckelt ist.

Indem Amazon (und der Onlinehandel an sich) aber solche Nischen von ihrer geografischen Beschränkung befreit und plötzlich Aquarianer in ganz Deutschland (wenn nicht ganz Europa) anspricht, wird die Zielgruppe sofort überproportional größer. Das wiederum führt dazu, dass Spezialprodukte mehr nachgefragt werden, die Preise dadurch automatisch nachgeben und das Hobby „Aquaristik“ (um im Beispiel zu bleiben) für mehr Menschen attraktiv wird. Die Zielgruppe wäschst und die Absätze steigen. Ein Perpetuum Mobile in Marketing und Vertrieb.

Was lässt sich lernen?

Insbesondere für das Marketing kleiner und mittelständischer Betriebe lässt sich daraus ableiten, dass es eine gute Idee ist, möglichst spitze Zielgruppen präzise zu bedienen und dort abzuholen, wo sie stehen. Es geht also gewissermaßen um das exakte Gegenteil einer breitgefächerten Aktion mit erheblichen Streuverlusten. Gefragt sind dagegen Marketingaktionen, die sehr genau auf ein fest definiertes Publikum abzielen und dann nicht durch Zufallstreffer, sondern durch eine präzise Problemlösung erfolgreich werden.

In das eigene Image investieren

Amazon steht und stand immer wieder in der Kritik, was die Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren angeht. Verschiedene Medien berichteten darüber, dass die Arbeitsbelastung zu hoch, die Anforderungen zu überzogen und das Arbeitsumfeld schlecht seien, von miserablen Löhnen ganz zu schweigen. Eine handfeste PR-Krise.

Darauf reagiert Amazon (passend zum anstehenden Weihnachtsgeschäft) mit einer sehr direkten Kampagne. Statt das Thema unter den Teppich zu kehren, wurden aufwändige Imagefilme produziert, die zeigen sollen, wie die Arbeit für den Versandriesen wirklich ausschaut. Hier kommen Mitarbeiter zu Wort, die sich zufrieden über ihre Arbeitsverhältnisse äußern, ohne ein zu rosarotes Bild von der Arbeit bei Amazon zu zeichnen. Dass es immer noch körperlich fordernd ist, in einem Logistikzentrum zu arbeiten, wird nicht verschwiegen oder schöngeredet. Damit trifft Amazon den exakt richtigen Ton: Die mediale Kritik wird als unverhältnismäßig und überzogen dargestellt, ohne dies aktiv auszusprechen. Vielmehr wird dieses Schlussfolgerung dem Zuschauer überlassen.

Kommunikationsstrategisch ist die Imagekampagne ideal konzipiert, weil sie ehrlich ist und auch so wirkt. Und Ehrlichkeit in der Kommunikation (und im Auftritt als solchem) sorgt für Vertrauen. Und das ist es, worum es Amazon zu allererst geht: Kunden sollen nicht mit schlechtem Gewissen bei Amazon kaufen, denn dann kaufen sie weniger. Sie sollen vielmehr verinnerlichen, dass sie mit dem Klick auf den Bestell-Button einen Arbeitsplatz und eine Existenz sichern.

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Welche Lehre lässt sich daraus ziehen?

Die wichtigste Lehre aus der Imagekampagne ist der Mut, sich Problemen zu stellen. Denn wo in vielen Unternehmen die erste Reaktion auf (berechtigte?) Kritik eine kategorische Leugnung ist, nimmt sich Amazon das Anliegen zu Herzen und reagiert gezielt und schnörkellos auf die brennende Frage, ob Kunden mit ihrer Bestellung das Elend anderer befeuern. Das schafft Vertrauen und sorgt für Umsätze.

Aktionen breit aufziehen

Der „Black Friday“ spielte in Deutschland bis vor ca. fünf Jahren überhaupt keine Rolle. Amazon hat das geändert und ruft inzwischen sogar eine ganze Woche (die Black Friday Week) aus. Damit wird eine ganze Nation in einen Shoppingrausch versetzt, und Amazon setzt wahre Unsummen um. Zugleich bietet Amazon seinen Händlern eine ideale Gelegenheit, enorme Absätze zu generieren. Das geht für manche Branchen so weit, dass über die Hälfte des Jahresumsatzes in der Black Friday Week erwirtschaftet wird!

Das Beispiel „Black Friday“ zeigt, wie sich aus einer sauber geführten Marke mit einem ordentlichen Image Marketing Aktionen aufziehen und sogar etablieren lassen: Im Grunde ist die Black Friday Week nämlich nichts anderes, als ein marketingmäßig aufgeblasener Schlussverkauf, eine Rabattaktion oder ein Jubiläum. Allein, dass er von Amazon, einem US-amerikanischen Unternehmen, ausgerufen wird, lässt ihn zum echten Shopping Event werden. Damit wird also ein Teil des Markenkerns (amerikanischer Pragmatismus) auf die Aktion übertragen. Event und Marke passen ideal zusammen, alles ist aus einem Guss.

Was sich lernen lässt

Die wichtigste Lehre aus dem Black Friday ist, dass sich größere Aktionen lohnen. Aber nur dann, wenn sie auch kommunikativ und marketingmäßig ordentlich aufgezogen und begleitet werden. Der Black Friday wäre nämlich sicherlich kein Erfolg, wenn niemand wüsste, dass es ihn gibt. Kleine und mittelständische Betriebe, die spezielle Vertriebsaktionen planen, können damit lernen, dass solche Aktionen immer nur die halbe Miete sind. Ohne zielführende Kommunikation verlaufen sie im Sande oder zahlen jedenfalls nicht auf das Erfolgskonto des Unternehmens ein.

Fazit

Kommunikativ und beim Marketing kämpft Amazon an vielen Fronten gleichzeitig. Subtile Image Kampagnen laufen parallel zu aggressiven Marketingaktionen. Doch bei alle dem ist der rote Faden in der Kommunikation immer erkennbar. Wenn es also eine zentrale Lehre aus dem Amazon Marketing zu ziehen gibt, dann die, dass eine Unternehmenskommunikation nicht aus der Hüfte geschossen wird, sondern einem durchdachten Konzept folgen sollte.